Man nimmt sich mit, wohin man auch geht. (Ernst Bloch, Philosoph)
Es gibt Phasen in unserem Leben, in denen wir plötzlich spüren, dass wir uns von uns selbst entfernt haben. Dann kommen Fragen auf wie:
Wer bin ich? Was weiss ich eigentlich über mich. Passt das Leben, das ich führe (noch) zu mir?
Bei mir war das zum ersten Mal der Fall, als ich mit meinem Baby in der Elternzeit war: ohne Job, ohne eigenes Geld, voller Mama-Hormone, glücklich aber auch total verwirrt. „Wer bin ich jetzt – ohne die Anerkennung, die ich aus der Arbeit gezogen habe? Wer bin ich ausser die Mama von…?“
Vielleicht überlegen wir auch: Bin ich so, wie andere mich sehen oder spiele ich ihnen etwas vor? Bin ich hier wirklich am richtigen Platz?
Das sind wichtige Fragen, an denen wir nicht gedankenlos vorbeiziehen sollten. Es ist der richtige Zeitpunkt, die innere Landschaft zu erforschen.
Was ist Selbstentwicklung?
„Entwirren eines Wollknäuels namens Ich. Abstreifen der durch Erziehung und Sozialisierung angenommenen Ziele oder des als gesetzt geltenden Wissens über dich und die Welt, die dir nicht dienen und die nicht (länger) zu dir gehören.“
Das ist die Definition, die ich dazu in meinem Buch gebe. Selbstentwicklung bedeutet, dass man reflektiert, wer man wirklich ist, was zu einem gehört, was die eigenen Wünsche sind, welchen Weg man im Leben gehen möchte.
Früher waren wir in festen Rollenbilder eingefügt (Mutter, Hausfrau,…) – heute haben wir deutlich mehr Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit und sind oft in vielen verschiedenen Rollen gleichzeitig unterwegs. Vor lautern Tun und Machen verlieren wir uns dann schnell mal selbst aus den Augen.
Wozu ist Selbstentwicklung gut?
Ich finde, es ist der Schlüssel zu einem sinnvollen Leben. Wenn ich mich selbst nicht reflektiere, laufe ich Gefahr, alte Kränkungen oder Prägungen auf meine Gegenüber zu projizieren. So entstehen viele Missverständnisse.
Wer sich selbst reflektiert, nimmt wahr, durch welche Brille er oder sie die Welt betrachtet und kann das entsprechend einordnen bzw. mit Abstand betrachten und fragen: ist das wirklich meins? Sind das Erwartungen, die tatsächlich meinen eigenen Wünschen entsprechen?
Selbstfindung dient dazu, sich selbst zu verstehen. Das hat nichts mit Selbst-Optimierung zu tun, sondern mit Reflexion. Die bekannte Psychotherapeutin Stefanie Stahl geht so weit zu sagen: „Der reflektierte Mensch ist der bessere Mensch.“
Ausserdem verändern wir uns im Laufe unseres Lebens. Mit Mitte 30 sind wir vermutlich nicht mehr der Mensch, der wir mit Anfang 20 waren. Und mit 50 haben wir nochml eine ganze Portion Lebenserfahrung mehr.
Deshalb lohnt es sich, sich immer mal wieder zu fragen: Wer bin ich JETZT?
Welche Fragen solle ich mir selbst stellen, um mehr zu mir selbst zu finden?
Eine wichtige Frage lautet: was hat mich geprägt? Jeder von uns hat eine subjektive Programmierung. Deshalb lohnt es sich, hinzuschauen:
Wo habe ich mir einen falschen Reim gemacht?
Wo habe ich falsche Botschaften empfangen?
Vielleicht hatte ich als Kind immer den Eindruck, dass meine Eltern genervt oder gestört habe. Möglicherweise waren sie aber einfach gestresst, weil sie viel gearbeitet haben. Das kann eine wichtige Erkenntnis sein, denn man belässt es nicht dabei, dass man genervt hat, sondern kann dieses Gefühl auflösen.
Es geht um dein Leben. Warum solltest du also anderen Menschen gestatten, so viel Einfluss darauf zu nehmen?
Selbstreflexion dient zum Beispiel dazu, aus der Rolle der ständig Angepassten auszusteigen, denn sie bedeutet, dass du deine eigenen Wünsche und Bedürfnisse ignorierst.
Eine spannende Frage für mich ist auch: habe ich Zugang zu meinen Gefühlen? Nehme ich sie bewusst wahr? An welcher Stelle unterdrücke ich sie? Warum?
Warum ist es so wichtig, die eigenen Talente zu entdecken und zu entfalten?
Wenn ich dich jetzt frage: was kannst du so richtig gut? Was hast du schon gerockt? Kannst du mir aus dem Stand heraus eine ausführliche Antwort geben?
Die wenigsten Menschen können das. Oft ist es sogar so, dass wir das, was uns leicht fällt, nicht wertschätzen. „Das war doch nichts.“ „Das kann doch jeder.“
Dabei ist das Ausleben und Ausbauen der eigenen Talente ein Weg, der glücklich macht. Es erfüllt mit Freude und bringt dich persönlich weiter.
Übrigens ist es keineswegs egoistisch, auf seinen Talenten zu surfen sondern auch für die Gesellschaft ist es bereichernd, wenn jeder tut, was er oder sie gut kann und es dort macht, wo er oder sie am richtigen Platz ist.
Je besser du dich kennst, desto besser weisst du, was zu dir passt.
Kommt dir das bekannt vor? Manche Menschen wählen zum Beispiel einen Beruf, der den Erwartungen und Wünschen der Eltern entspricht als den eigenen.
Ich habe zum Beispiel BWL studiert, weil ich keine Ahnung hatte, was ich nach dem Abi machen soll und mein Vater schliesslich meinte: „Mit BWL kannst du alles machen.“ Ich habe es auch nicht bereut, weil mein Studium mich nach Frankreich geführt hat und ein ganzes Schneeball-System in Gang kam, das mich dorthin geführt hat, wo ich heute bin. Aber Berufung geht sicherlich anders.
Wenn du das Wollknäuel namens Ich abgewickelt hast, dann ist das ein mutiger Prozess zu innerer Freiheit und mentaler Stärke. Es ist dein innerer Kern, der dich wirklich ausmacht.
Die Suche nach den Antworten bringt dich automatisch auf den richtigen Weg.
„In uns liegen die Sterne des Glücks“ wusste schon Theodor Fontane.
Noch mehr gute Fragen, die Dich wirklich weiterbringen, findest Du übrigens hier.