Gestern erst wieder habe ich mich mit einer anderen Fussball-Mutter darüber ausgetauscht, wie es ihr beruflich und persönlich nach dem ersten Baby ging.
Finanzielle Unabhängigkeit ade, Identität als gleichberechtigte Wonder Woman ebenso.
Sie hat etwas gebraucht, bis sie sich in die Mama-Rolle eingegroovt hat – und auch bis sie nach der Babypause einen neuen Job gefunden hat. Einen, der eigentlich unter ihrer Expertise ist aber „weisst scho‘ 100m nach links von der Haustür liegt der Kindergarten, 100m weiter die Firma…“ Das war auch für ein paar Jahre in Ordnung so, zumindest ein halbbitterer Kompromiss aber nun hat sie allmählich die Nase voll von halbbitter – zumindest mit Krokant darf es sein.
Wie ihr ging es mir selbst und vielen meiner Kundinnen. Sind wir jetzt eigentlich alle zu blöd oder wie kann es soweit kommen, dass aus dem feschen Karriere-Girl auf einmal die Mutti in Birkenstock und null Perspektive wird?!
Ich habe mich auf Ursachenforschung begeben und 5 wesentliche Ursachen ausfindig gemacht. Eine davon teile ich hier mit Dir!
Gehaltseinbusse, Teilzeit und andere Baustellen
1/ Teilzeit:
· Von meinen Kolleginnen in Frankreich kehrten alle aus der Elternzeit in ihren alten Job zurück. Meist im Modell der 4-Tages-Woche. Das bietet sich in Frankreich an, weil der Mittwoch meist schulfrei ist, während an den anderen Tagen ganztags Schule ist.
Die Stunden werden also um einen Tag reduziert (die tatsächliche Arbeitszeit oft nicht wirklich, dies unterscheidet sie also nicht von vielen Teilzeitmüttern hierzulande), und das Gehalt wird entsprechend angepasst, bleibt aber im Verhältnis höher als bei deutschen Mamas.
Mit der „4/5 Woche“ bleiben die meisten Französinnen in ihren alten Jobs mit denselben Verantwortlichkeiten anstatt in minderqualifizierte Teilzeitschubladen zu verschwinden.
Wie sieht das in Deutschland aus?
Von den deutschen Frauen mit Kindern arbeiten rund drei Viertel, über die Hälfte davon in Teilzeit. Viele wollen aber mehr arbeiten.
Laut einer Studie von Eurostat von 2021 liegt die Beschäftigungsquote von Frauen mit Kindern zwischen 25 und 54 Jahren sowohl in Frankreich als auch in Deutschland bei 76 Prozent.
Allerdings ist die Teilzeitquote in Deutschland mit 66% davon mehr als doppelt so hoch als in Frankreich, wo 30% der Frauen in Teilzeit beschäftigt sind.
Aktuellere Zahlen des Statistischen Bundesamtes bestätigen, dass die Zahl der erwerbstätigen Mütter in Deutschland zunimmt, während der Anteil der Teilzeitbeschäftigung aber in etwa gleich bleibt.
Dagegen arbeiten die meisten Väter in einem Vollzeitjob, einige hätten aber lieber mehr Zeit zu Hause.
Es ist keine rocket science, wenn ich sage: Vereinbarkeit von Job und Familie ist nicht geschlechtergerecht.
2/ Gehaltseinbusse:
· Strukturell bedingt verschärft sich die Lage für Mütter dann nochmal durch das Elterngeld.
Das Elterngeld gibt es in Deutschland seit 2007 für 14 Monate pro Elternpaar und zu maximal 65 Prozent des Gehalts. Allerdings liegt die Mindestdauer pro Partner bei zwei Monaten, die Maximaldauer bei 12 Monaten.
Das führt immer noch dazu, dass die Mehrheit der Väter in Deutschland nicht mehr als diese zwei Monate in den Elternurlaub geht. Denn, und jetzt kommt der springende Punkt: sie verdienen oft mehr als ihre Partnerinnen.
Das war auch bei mir nicht anders – trotz exakt gleicher Ausbildung und der gleichen Anzahl der Arbeitsjahre.
Klar lassen sich Abweichungen durch unterschiedliche Branchen und Arbeitsbereiche (etwa Marketing versus Vertrieb) erklären, aber auch bei vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien verdienten die Frauen im Jahr 2022 laut statistischem Bundesamt (Destatis) im Schnitt 7 % weniger pro Stunde als ihre männlichen Kollegen.
Insgesamt verdienen Frauen in Deutschland sogar rund ein Fünftel weniger als Männer: Gemessen am durchschnittlichen Bruttostundenverdienst der Männer lag der Gender Pay Gap 2023 bei 18 %. In Frankreich sind es noch knapp 14 %, das EU-Mittel lag 2023 bei 13 %.
Es gibt aber auch Ausreißer oder wollen wir lieber sagen Trendsetter?
💡In Luxemburg verdienten 2022 Frauen mehr als Männer. Relativ geringe Unterschiede im Bruttostundenverdienst gab es auch Italien (4 %), Rumänien und Belgien (jeweils 5 %).
Während meiner Konzernkarriere habe ich oft „Best practices“ aus europäischen Ländern ausgewertet und als Inspiration und Ermutigung für andere Units kommuniziert. Was in der Industrie nützlich ist, sollte auch in der Politik funktionieren. Just sayin’…
Ich bin 2001 total naiv aus der FH Münster spaziert und habe gemeint, Emanzipation und Feminismus betreffen mich nicht, hab’ ich alles schon. Mit Alice Schwarzer konnte ich mich schon gar nicht identifizieren.
Ein paar Jahre später hatte ich dann auch kapiert, worum es geht…
Wenn sich nach dem ersten Kind die Frage stellt, wer bleibt länger Zuhause? dann ist das Gehalt oft der springende Punkt. Und die Schere tut sich auf.
Aus der finanziell unabhängigen Frau wird die Gering(er)-Verdienerin, meist auf Jahre!
Das hört sich dann nach ein paar Jahren so an
„Ich bin seit 7 1/2 Jahren Hausfrau und Mutter – deutlich länger als ich es für jemals möglich gehalten hatte. Seit geraumer Zeit habe ich das Gefühl, ich wäre „verloren gegangen. Es ist höchste Zeit, dies zu ändern.“
Das Zitat stammt von einer Kundin von mir.
🔊 Eine wichtige Durchsage an alle Töchter, Schwestern, Patenkinder, Nichten und sonstige Berufsanfängerinnen: Habt das jetzt schon im Kopf, verhandelt das heute schon mit rein! Fallt nicht in das Denkschema des good girls nach dem Motto „ach, wenn der Job mir doch Spass macht, ist das Gehalt nicht so wichtig“. Geld ist wichtig. Je mehr Geld, desto mehr Freiheiten.
💡 Um dem entgegenzuwirken, schaffen Island und Slowenien beispielsweise höhere Anreize für die Gleichstellung – eben durch höheres Elterngeld (in Slowenien sogar doppelt so hoch wie das Durchschnittsreinkommen).
Gleichberechtigung ist ein Thema – immer noch. Und finanzielle Gleichstellung ist ein Schlüssel dazu. Den solltest Du heute schon in der Hand haben und morgen erst recht.
3/ Strukturen:
· Die französischen Frauen bekommen im Durchschnitt am meisten Kinder in Europa und sind gleichzeitig oft in Vollzeit beschäftigt. Kein Wunder, denkst Du jetzt vielleicht, der großzügige französische Sozialstaat wird hier seine Hand im Spiel haben. Stimmt: Frankreich hat 2019 fast 3,5 Prozent seines Bruttoinlandprodukts für Familienförderung aufgewendet. Kein anderer OECD-Staat gewichtet das Thema in seinem Budget höher. Trotzdem bedeutet das nicht, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben in Frankreich stressfrei ist. Sie funktioniert, weil sie muss, oftmals aus finanziellen Gründen.
· In Deutschland werden traditionelle Rollenbilder auch immer noch strukturell unterstützt.
Hier gibt es immer noch das Ehegattensplitting bei der Einkommenssteuer. Ehepaare werden nicht einzeln besteuert., ihr Einkommen wird zusammengezählt und durch zwei geteilt. Davon wird die Steuer berechnet und verdoppelt. Dadurch sparen Paare Steuern, wenn nur ein:e Partner:in arbeiten geht und die:der andere gar nicht. Oft bleibt dann die Frau zu Hause, weil sie ja meistens weniger verdient als der Mann.
💡 So ein Splitting gibt es in Dänemark nicht. Dort werden auch Ehepartner:innen einzeln besteuert. Mehrere Studien deuten darauf hin, dass dadurch der Anreiz für Frauen, nicht zu arbeiten, deutlich geringer sei, weil es keinen steuerlichen Vorteil bringe. All das bedeutet natürlich, dass Paare zusammengerechnet mehr Steuern zahlen müssen. Diese Steuern kann der Staat aber wiederum in die weitere Familienpolitik stecken.
Geld allein ist aber nicht der Pudels Kern!
Die Mehrheit der Frauen, insbesondere der Mütter mit kleinen Kindern, möchte ja mehr arbeiten.
Es fehlt aber an der nötigen Infrastruktur – wie eine verlässliche Betreuung.
Ohne Erwerbsarbeit können Mütter wiederum nur schwer ihre Wünsche umsetzen, ihre finanzielle Unabhängigkeit erhalten und verlieren oft den beruflichen Anschluss. Ein Teufelskreis.
· Dafür können natürlich die Kinder nichts, das Problem ist der Mangel an Betreuungsangeboten sowie die oftmals hohen Kosten, die dafür aufgewendet werden müssen. Gerade für Kleinkinder fehlen in Deutschland oft die Betreuungsplätze.
Während in Frankreich 56% der Kinder unter 3-Jahren in einer Betreuung sind (nur die Niederlande und Dänemark liegen hier noch höher) sind es in Deutschland nur 27%. Das liegt unter dem EU-Schnitt.
💡In Dänemark bekommt jedes Kind ab 26 Wochen sicher einen Platz in der Ganztagsbetreuung. Dafür sorgen die Kommunen. Durch diese Garantie sind fast Dreiviertel aller dänischen Kinder unter drei Jahren in einer Betreuung. Für Eltern ist es so einfacher, gleichzeitig zu arbeiten. Außerdem übernimmt die Kommune mindestens 75 Prozent der Betreuungskosten.
Damit beide Eltern ihren Job weiter ausüben können, aber mehr Zeit für ihr Kind haben, gibt es in Slowenien ein Recht auf Teilzeit. Das gilt bis zum dritten Lebensjahr des Kindes.
In Frankreich können Eltern bis zu 120 Tage im Jahr bezahlte Krankentage nehmen, um ihre kranken Kinder betreuen zu können. So muss kein Elternteil dauerhaft zu Hause bleiben, um im Krankheitsfall da sein zu können.
· Brennglas Corona-Pandemie: Gefühlt waren die Corona-Maßnahmen in Bayern immer ein bisschen strenger als in allen anderen Bundesländern und mein Eindruck war, dass in stiller Übereinstimmung von der Politik erwartet wird, dass die Mütter sich um den Unterricht ihrer Kinder kümmern, wo sie doch zu Hause sind oder zumindest sein sollten…
Wir kamen hier auf insgesamt 9 Monate Homeschooling mit einem 1. Klässler und einem 3. Klässler. Das war der Moment, in dem die Französin in mir sich am liebsten an das Geländer des Bildungsministeriums gekettet hätte. Stattdessen schickte die Design Thinking Expertin ein Konzept mit konkreten Vorschlägen zum kreativen Umgang mit diesen neuen Problemstellungen an das bayerische Kultusministerium. Und erhielt ein höfliches Merci als Antwort. Auch hierzu hätte ich noch eine Menge zu sagen, aber das soll hier nicht das Thema sein.
· Fakt ist: Die deutschen Schulen waren während der Pandemie insgesamt 183 Tage lang zu , wenn man die Zeiten der vollständig Schließungen (74 Tage) und der teilweisen (109 Tage) addiert. Frankreich, Spanien und Schweden verzeichnen mit je 56, 45 und 31 Tagen die kürzesten Zeiten. Länger als in Deutschland hatten nur die Schulen in Polen geschlossen. Da schluckst Du, was? Also bei mir und meinen Jungs hat dieses Homeschooling Spuren hinterlassen, und es sind nicht die schönsten!
· Umfrageergebnisse für Deutschland während der Pandemie deuten darauf hin, dass Mütter ihre Arbeit seit März 2020 stärker zugunsten der Kinderbetreuung einschränken als Väter. Mütter im Homeoffice verbringen demnach 1,2 Stunden mehr Zeit mit Kinderbetreuung als Väter im Homeoffice.
· Trotz des gestiegenen Engagements der Väter bei der Familienarbeit wird die Hauptlast der Betreuung weiterhin von den Müttern getragen – unabhängig von ihrer Qualifikation. Im Gegenteil, insbesondere Akademikerinnen geben an, dass ihre Belastung durch die Kinderbetreuung während der Corona- Krise gestiegen ist.
· Und Mütter im mittleren Erwerbsalter, die ihre Familienpause bereits hinter sich hatten und nun eigentlich mit der Karriere durchstarten wollten, wurden ein zweites Mal und diesmal völlig unerwartet auf Haushalt und Familie zurückgeworfen. Aufstiegschancen bleiben ungenutzt und gehen gegebenenfalls unwiederbringlich verloren. Von Mental load und Erschöpfung durch die Doppelbelastung hoch Tausend mal ganz zu schweigen.
💡 Wenn es ganz blöd läuft, sind wir Frauen im doppelten Sinne benachteiligt – nicht nur (wie die Männer) temporär während der Pandemie, durch den Einbruch von Wirtschaft und Beschäftigung, sondern zusätzlich (anders als die Männer) auch durch trägere Rückkehrprozesse unter der geschlechtsspezifischen Betreuungslast.
Familiär individuelle Entscheidungen, politische Massnahmen und wirtschaftliche Rahmenbedingungen wirken schlimmstenfalls sehr ungünstig zusammen, die Hürden bei der Vereinbarkeit gehen in die Dauerschleife.
Mangelnder finanzieller Ausgleich und mangelnde Infrastruktur sind also Teil der Erklärung für den kollektiven Identitätsverlust deutscher Mamas.
Wenn Du jetzt sagst, ich habe die Schn… voll, mein altes Ich ist verloren gegangen, wie ICH mich (wieder)? Dann bist Du hier genau richtig.
- Weil Du nun weisst, warum Du Dich so fühlst.
- Weil Du nicht alleine bist.
- Weil ich genau dafür ein Angebot habe.
Hier sind 2 Möglichkeiten, wie wir gemeinsam Dein Lieblingsleben rocken.
Und 1 Podcast, wenn Du mehr über mich und die joie de vivre erfahren möchtest:
1 – Das Lieblingsjob-Ideen-Bingo:
Wenn Du Lust zum Wieder-Einsteigen, aussteigen, umsteigen, aufsteigen hast, ist das Dein Zugang zu Deiner persönlichen kreativen Problem Solving Kompetenz (von wegen, Du bist nicht kreativ!), eine Methode, mit der Du immer wieder beliebig viele neue Job-Optionen generierst. Macht viel mehr Spass als sprödes Jobanzeigen scannen.
2 – Grübelst Du noch oder gestaltest Du schon Deine Träume? ohlàlà-Leben, ohlàlà-Job oder ohlàlà-Business: wir schaffen Klarheit, was Sache ist, machen einen Plan und erzielen Ergebnisse, kreativ natürlich. Alle Infos findest Du hier.
3 – Mit Zuversicht aus der Krise, darum geht’s hier in diesem sehr schönen Podcast, in dem ich zu Gast war. ❤️