Was ich mir von den Französinnen abgeschaut habe

“Nina, ich habe heute morgen an dich gedacht und roten Lippenstift 💄draufgemacht. ” Die Mama vor der Grundschule strahlte mich an.

Offensichtlich machte dieser Lippenstift etwas mit ihr.
Nun bin ich weder Stilberaterin noch habe ich Aktion bei Estée Lauder 😃 aber 20 Jahre Frankreich haben offenbar viele Spuren hinterlassen – auch im aussen. Ich höre immer wieder, ich würde “so french” aussehen – von den Glitzersocken über die Latzhose bis zu den Ohrringen, oft sind es Kleinigkeiten.
Dabei ist mir seit meiner Rückkehr nach Deutschland aufgefallen, dass so manche Mama hierzulande pragmatisch, praktisch, gut unterwegs ist. Manches Mal möchte ich sie ansprechen und sagen: wo ist die Frau in dir hin?
Versteh’ mich nicht falsch, es muss nicht jede Glitzersocken mögen, und ja, es zählen die inneren Werte. UND: wenn ich an das freudige Strahlen besagter Mutter mit Lippenstift denke, so bin ich überzeugt davon, dass es viele Kleinigkeiten sind, die ausmachen, wie wir uns fühlen – als Frau, Mutter, Partnerin, Freundin, Kollegin, whatever…
Klar wolltest du auch das gesamte Paket: eine aufregende Beziehung, einen spannenden Job und nebenbei zuckersüsse Kinder. So war der Plan. Jetzt wo die Kinder da sind, fällt vieles hinten runter, weil Muttersein ein Fulltime-Job ist? Die Ausrede lasse ich nicht gelten. Schon weil die Französinnen es mir anders vorgemacht haben 😉.
Daher kommt hier meine Ode der Don’ts zum Mamasein & Frau bleiben – stark inspiriert von den Damen der Grande Nation:
Schon klar, du bist nicht Heidi Klum, die easy peasy Karriere, 4 Kinder und diverse Ex-Männer wuppt, noch dazu einen jüngeren Mann geheiratet hat und heisser aussieht als je zuvor. Willst du ja aber auch gar nicht sein oder?
Jenseits von Hollywood meistern normale Frauen ihre Mutterrolle genauso souverän – nur mit der Rolle als Frau, Freundin oder Geliebte klappt das mit Kind manchmal nicht mehr so recht. Dommage! Denn in jeder Mutter steckt sie ja noch immer die intelligente, unterhaltsame und verführerische Frau von DAVOR. Du musst sie nur wieder herauskehren. Sei (wieder) du selbst – dann kommt die Frau von ganz allein.

Mama ist nicht dein Name
Früher nannte dich dein Partner noch Schatz oder Süsse, heute ruft er dich nur noch Mama? C’est fini! Schliesslich bist du nicht SEINE Mutter. Und wer nur noch als Mutter gerufen wird, fühlt sich auch bald so. Gilt ja umgekehrt genauso: Auch dein Partner ist ja nicht mehr nur Papa oder väterliche Freund. Und an all die Single-Ladies…Schon klar. Nicht jede hat einen Mann zur Seite. Schärfe deine Sinne zur Vermeidung solcher Situationen mit zukünftigen chéris.

Babysprache ist sowas von unsexy
Typische Babysprache macht aus sexy Frauen lebenslänglich Vollzeit-Muttis. Natürlich solltest du mit deinen Kindern liebevoll und leicht verständlich sprechen, schon klar. Und: wer Frau bleiben will, muss auch sprechen wie eine erwachsene Frau. Das gilt auch für die Themen: ich war immer heilfroh, wenn es bei unvermeidlichen Ansammlungen von Eltern mal um andere Dinge als die Kinder ging. Ging das nur mir so?

Brezel dich auf!
In den ersten Monaten mit Baby fühlte ich mich ziemlich verloren, ich hatte total unterschätzt, was diese neue Rolle mit mir macht. Und es traf mich unerwartet hart, zu spüren, wie sehr ich mich in den Jahren zuvor über den Job definiert hatte. Doch wer war ich nun, in Elternzeit auf dem Spielplatz (in meinem Fall noch dazu von Paris in einen Genfer Vorort katapultiert, also style technisch per definition einen andere Nummer 😂)? Um irgendwie an mein altes Leben anzuknüpfen, machte ich mich hübsch, indem ich Klamotten anzog, die ich vorher auch ins Büro angezogen hatte. Manches Mal sagte meine Mann: “warst du SO auf dem Spielplatz?” Mais oui. Das gab mir Sicherheit und ein Gefühl von: die Frau in dir ist auch noch da.
Ein Baby zu versorgen oder Kinder erziehen ist ein ständiger Kampf gegen die Zeit. Stundenlange Styling-Sessions sind bei jungen Müttern oft einfach nicht drin. Überhaupt glauben viele Mütter, dass es jetzt Wichtigeres gibt als diesen oberflächlichen Zirkus. Recht haben sie, wenn es nur darum geht andere zu beeindrucken. Unrecht haben sie, wenn sie sich ein wenig Badezimmerzeit nicht um ihrer selbst gönnen.
Wenn das Kind noch klein ist, machen viele Mütter den Fehler sich nur auf ihre Mutterrolle zu fixieren. Aber gutes Aussehen muss nicht allzu viel Zeit kosten und ist für dein Ego umso kostbarer. Weiblichkeit ist das Stichwort: das kann ein Kleid sein, die Statement-Ohrringe, die schicke Unterwäsche (sag jetzt nicht, du hast es gern bequem 😁!) oder eben einfach der Lippenstift. Soviel Zeit muss sein!

Zeit für dich
Huih, das war und bleibt eine meiner grössten Baustellen. Dieser leichte Hang zu: ich opfere, ich stelle meine Bedürfnisse gerne hinten an solange es den anderen gut geht. Und woher die Zeit für dich nehmen, wenn nicht stehlen?
Du musst sie dir beschaffen. Zeit bekommst du als Mutter nicht geschenkt, du musst sie dir nehmen. Und zwar solche, die du ausschliesslich für dich nutzt. Zwei feste Termine in der Woche (es muss ja nicht lang sein) für ein Hobby, die Freundin oder einfach zur Erholung wirken Wunder. Bitte deinen Partner, befreundete Mütter, Verwandte oder Babysitter um Unterstützung. Muttersein ist anstrengend, gönne dir Pausen, sonst bist du bald erschöpft. Und damit weder eine gute Mutter, noch eine ausgeglichene Frau. Achte auf dich!

Stop dem schlechten Gewissen
Wie in so vielen Ländern gibt es in Frankreich den Begriff “Rabenmutter” nicht.
Viele von uns sind aber immer noch mit dem Klischee der Rabenmutter, der die Vollzeit-Hausfrau und Mutter entgegensteht, aufgewachsen.
Und natürlich ist es so: eine “gute” Mutter möchte für ihr Kind da sein. Und schwups ist da das schlechte Gewissen, wenn du nicht immer zuerst ans Kind, sondern auch mal an dich selbst denkst. Oder noch schlimmer: das Kind drückt aus einer Wut-Situation heraus einen Knopf, von dem es gemerkt hat, dass der immer wirkt und zieht die “nie hast du für mich Zeit”-Karte! Autsch!
Dabei weisst du es doch eigentlich besser: Eine gute Mutter ist vor allem eine entspannte und zufriedene Mutter. Wieviel Kohle ist schon in Sammelkarten aller Art, Kaugummis oder Lego geflossen? Jetzt bist du mal dran – saugerne mit was Unvernünftigem. Wir haben hier Zuhause zB. immer eine Mini-Flasche Champagner. Und manchmal sag’ ich oder mein Mann: ach, komm, heute gönnen wir uns einen apéro, einfach so, ohne dass Weihnachten wäre. Ich darf dir sagen, dass es sich herrlich dekadent anfühlt 😋. Was ist für dich unvernünftig und damit bestens geeignet mal über die Stränge zu schlagen?

Bleib’ mal realistisch
Ildikó von Kürthy schreibt: «Das Dilemma der modernen Mutter: alles unter einen Hut Hut kriegen, geht nicht. Es ist, als wenn man mit einem Topflappen eine vierköpfige Familie zudecken will. Irgendwas guckt immer raus und kriegt kalte Füsse.»,
Da beisst die Maus keinen Faden ab: Perfektion gibt es nicht, irgendetwas auf der unendlichen Liste deiner To Do’s wird immer ein wenig zu kurz kommen. Steck’ dir die Ziele deshalb nicht zu hoch und sei milde mit dir. Ich schüttele im Nachhinein den Kopf über mich selbst: ich hatte mich selbstständig gemacht als die Jungs 6 Monate und 3 Jahre alt waren. Mein Mann war beruflich viel unterwegs, und ich hatte ja die Selbstständigkeit gewählt, damit ich zeitlich flexibler bin. Und dann bin ich mit der Erwartungshaltung gestartet: ich mache hier aus dem Stand soviel Umsatz, dass ich mir mein altes Angestellten-Gehalt auszahlen kann. Hat kein Mensch von mir erwartet – AUSSER ich selbst. Kannste dir ungefähr vorstellen, wieviel Druck ich mir gemacht habe, wieviel Frust daraus entstanden ist, wie viele Tränen geflossen sind… totale Selbstüberschätzung.
Wenn du merkst, du tendierst dazu, zu streng mit dir zu sein – dann erfrage gerne auch mal die Aussensicht zB. von einer guten Freundin, Kollegin, etc. Der Perspektivenwechsel hilft. Und schreibe dir auf, was du am Tag geschafft hast, worauf du heute stolz bist. Wir legen ja den Fokus immer gerne auf das, was liegengeblieben oder schief gegangen ist und sind es nicht gewohnt, uns auch mal selbst zu loben. Mit täglichem Journaling boostest du dein Vertrauen in deine Selbstwirksamkeit und die Dankbarkeit für alles, was schon da ist.

So ergeht es dir wie der französischen Schriftstellerin Colette, die sagte: „Was für ein herrliches Leben hatte ich! Ich wünschte nur, ich hätte es früher bemerkt.“

In diesem Sinne, passe une belle vie 💖.

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